Der Drei-Religionen-Kita-Haus-Fragebogen mit Natalia Loinaz

Natalia Loinaz

Für den Drei-Religionen-Kita-Haus-Fragebogen haben wir uns eine Reihe von Fragen zum interreligiösen Dialog mit Kindern überlegt und lassen diese von Menschen aus unserem Netzwerk beantworten. In loser Folge könnt Ihr hier nachlesen, wie interreligiös Engagierte reflektieren, was auch uns bewegt.

Heute … Natalia Loinaz:

Was war Ihre inspirierendste Begegnung im interreligiösen Kontext?

Inspirierende Begegnungen im interreligiösen Kontext hatte ich definitiv bei Vorträgen und Workshops, die ich im Rahmen der Langen Nacht der Religionen oder am Tag der offenen Moscheen im Deutschen Muslimischen Zentrum (DMZ Berlin e.V.) gegeben habe. Es ist schön, wenn Menschen unvoreingenommen einander begegnen. Gleichzeitig war es mir immer wichtig einen Raum zu schaffen, in dem alle Fragen angenommen werden, solange Empathie und Menschlichkeit geachtet werden.

Welche ästhetischen Zugänge gibt es für Sie?

Literatur begleitet mich mein Leben lang. Ich habe selbst immer den Zugang über die Schriften der Religionen gesucht und mich zuerst mit mir und den Büchern auseinandergesetzt. Daher war es mir auch ein großes Anliegen unsere Gemeindebibliothek, die Deutsche Islam Bibliothek, aufzubauen und zu gestalten. Gleichzeitig finde ich in der Natur und in der Gemeinschaft eine religiöse Tiefe und Praxis, die mich als Individuum stärkt und immer wieder an meine Grenzen bringt und damit diese auch verschieben kann. Unsere religiösen Wissensbestände können nicht nur intellektuelle sein, sondern schöpfen aus der religiösen Praxis, wie das Gebet, das Fasten und Gemeinschaftsriten.

Welches Buch für die Bibliothek der Erwachsenen darf in der Drei-Religionen-Kita nicht fehlen?

Ich würde mir einen Bestand wünschen, der Eltern darin unterstützt ihr Wissen über ihre Religion zu vermitteln. Da finde ich das Buch von Ali Özgür Özdil „Alle Kinder sind Muslime: Malik, Maryam und die Theologie des Kindes“ für muslimische Eltern sehr hilfreich.

Außerdem wünsche ich mir Literatur, die Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe unterstützt, Kinder zu stärken, die von Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus betroffen sind. Hier finde ich das Buch „Empowerment als Erziehungsaufgabe“ von Nkechi Madubuko besonders empfehlenswert.

Welches Buch für die Bibliothek der Kinder darf in der Drei Religionen-Kita nicht fehlen?

Bei meinen letzten Erwerbungen für die Gemeindebibliothek des DMZ Berlin hat mich besonders das Buch „Das stolzeste Blau: Eine Geschichte über Hijab und Familie“ im englischen Original von Ibtihaj Muhammad und S. K. Ali fasziniert. Mit sehr viel Einfühlungsvermögen geht das Buch auf Erfahrungen von jungen Mädchen mit dem Hijab ihrer Mütter und Schwestern ein und wie Ausgrenzungserfahrungen gut gemeistert werden können.

Was für ein Bild haben Sie vor Augen, wenn Sie an die Kooperation der drei Religionen denken?

Die Idee der Drei-Religionen-Kita hat mich direkt begeistert, so dass ich das Projekt von Anfang an unterstütze. Ich habe eine starke Kooperation vor Augen, die aus der unermüdlichen Arbeit von starken Frauen entstanden ist, die sich mit Liebe und auf Augenhöhe begegnen – ein wunderbares Beispiel für die Macht von Schwesternschaft. Ich sehe als optimistische Visionärin, wie dieses Vertrauensverhältnis zwischen den Initiatorinnen weiterhin allen strukturellen Ungleichheiten trotzt und große Zustimmung in den Religionsgemeinschaften und in der Politik findet und von den Familien dankend angenommen wird. In meiner Vorstellung wird das „Drei-Religionen-Kita-Haus“ ein wunderbarer Ort, in dem nicht nur Kinder wachsen und sich religiös entfalten können.


Natalia Amina Loinaz, argentinisch-deutsche Muslimin, ist Fachreferentin für rassismuskritische Bildungsarbeit und Bibliotheks- und Informationswissenschaftlerin.

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